Lauer, Netzpolitik und das Leistungsschutzrecht
Ich war mir nie sicher, was ich von Christopher Lauer halten sollte. Ein leichter Charakter war er nie, und doch hatte er aufgrund seines unbestreitbaren politischen Talents bei mir immer einen gewissen Sympathiebonus. Wieder angewachsen ist dieser in den letzten Monaten nicht zuletzt durch das überaus empfehlenswerte Buch von ihm und Sascha Lobo. Dann fing er als Springer-Berater an, irgendwie auch nur eine weitere fragwürdige Lauer-Aktion – aber irgendwie auch besonders bedenklich, nicht nur weil es Springer ist. Denn als ja immer noch gewählter Abgeordneter muss ein solches Engagement früher oder später zwangsläufig zu Zeit- und Interessenskonflikten führen.
Einen solchen gab es dann auch, als der SPIEGEL Lauer zum Leistungsschutzrecht befragte. Nüchtern betrachtet ist Lauers Antwort so ziemlich das Harmloseste, was er als inzwischen hauptberuflicher Springer-Mitarbeiter zu dem Thema sagen konnte: Reichlich Kritik an Google und der Aufruf, sich an das Gesetz zu halten; sonst wenig Substantielles. Bezüglich der konkreten Frage, wie er denn nun inhaltlich zum Leistungsschutzrecht stehe, eine Nicht-Aussage, ein Ausweichen.
Es passiert das Übliche: Netzpolitik.org greift das Interview auf und ein Shitstorm ergießt sich (nicht zum ersten Mal und nicht ganz zu Unrecht) über Lauer, der passenderweise auch gleich seine alten Tweets zu dem Thema gelöscht hat. Dass Netzpolitik diese aus dem Google-Cache ausgegraben hat nimmt er zum Anlass, eine Haltung pro Vorratsdatenspeicherung zu unterstellen. Die gängige Lesart dieses Tweets: Ein klassischer Lauer eben – er ist sauer und schießt nun auf etwas abwegige Weise gegen Netzpolitik.
Ich halte eine andere Interpretation für plausibel: Die Gleichsetzung mit Vorratsdatenspeicherung ist absurd und Netzpolitik.org eine Unterstützung derselben zuzuschreiben, noch viel absurder. Das muss auch ein Christopher Lauer wissen. Allerdings handelt es sich bei der Vorratsdatenspeicherung wie auch beim Leistungsschutzrecht um Reizthemen, bei denen sich die gesamte Netzgemeinde ansich einig ist.
Indem Lauer Netzpolitik unterstellt, für die Vorratsdatenspeicherung zu sein, reagiert er zugleich auf die Aussage, er wäre für das Leistungsschutzrecht. Aus seiner Sicht hat er sich so weit gegen das Leistungsschutzrecht positioniert, wie es seine Rolle als Springer-Mitarbeiter zulässt. Womöglich geht er auch von einem gewissen Vertrauensvorschuss für seine Überzeugungen aus, genauso wie eine Unterstützung der Vorratsdatenspeicherung durch Netzpolitik eben völlig abwegig scheint. Tatsächlich hat er den längst verspielt, falls er ihn jemals hatte.
Natürlich kann man seine Reaktion nicht klar verstehen oder sich gar in der Interpretation sicher sein. Und damit ist es eben doch wieder eine klassische Lauer-Aktion.